Der Bezirksrat Jakomini fordert Projektstopp für den Megabau am Messeparkplatz

Soeben haben die Bauarbeiten des restlichen Teiles des im Jahre 2006 seitens Styria Media AG erworbenen Grundstücks des ehemaligen Geländes „Grazer Sportclub Straßenbahn“ in der Conrad-von-Hötzendorf-Straße – namentlich bekannt als „Styria-Park“ – in der Größe von ca. 10.000 m2 für die Errichtung einer Wohnsiedlungsanlage mit 190 Wohneinheiten begonnen (Anm. Objektgesellschaft Media Center Living – bestehend aus zwei Drittel Grawe und ein Drittel Styria Media). Trotz mehrfacher Einwendungen und qualifizierter Widersprüche konnte seitens des Bezirksrat Jakomini bis zum heutigen Tage der Bau dieser Wohnsiedlungsanlage nicht verhindert werden. Mit dieser Verbauung geht die einzige derzeit bestehende Grünraum-, Freizeit- und Erholungsfläche mitten im Bezirkszentrum von Jakomini unwiederbringlich verloren.

Mit der Verbauung des Styria-Park wird das Bezirkszentrum von Jakomini – namentlich auch bekannt unter dem Begriff Messe-Quadrant – zukünftig nur mehr aus  Büro- und Wohnburgen, mit Asphalt versiegelten Verkerhs- und Geschäftsflächen mit minimalen Grünflächen zur optischen Behübschung . Hier noch von einer Lebensqualität im öffentlichen Raum für die Menschen mitten im Herzen von Jakomini zu sprechen entzieht sich mittlerweile jeder faktischen Grundlage. Das Bezirkszentrum von Jakomini läuft immer mehr Gefahr ein entfremdeter Durchzugsort von und zur Innenstadt zu werden, der nur mehr der innerstädtischen Verkehrsanbindung,  als Arbeitsstätte in den Büroburgen oder Anlaufstelle für Messe- und Kongressveranstaltungen dient. Wenn dieser Entwicklung jetzt nicht Einhalt geboten wird verkommt das Bezirkszentrum von Jakomini zu einem Hitze-, Feinstaub- und Abgaszentrum mit täglichem Verkehrsinfarkt ohne Aufenthaltsqualität.  

Das Bezirkszentrum von Jakomini mit einer ungefähren Gesamtfläche von ungefähr 400.000 m2 oder 40 ha wurden somit in den letzten 15 Jahren mit Repräsentanz-, Kommunal- und Wohnbauten vollständig versiegelt ohne darauf zu achten in diesem zentralen Teil des Jakomini für die Sicherung von öffentlich zugänglichen Grün- und Freizeitraum Obsorge zu tragen. Eine absolute stadtplanerische Fehlentwicklung. Dies alles trotz der im Zuge der Stadtentwicklungsplanung 4.0 im Jahre 2010 seitens der Stadt Graz angeschlossenen Studie „Freiflächenausstattung Graz Revision 4.0 STEK“ und der darin festgestellten Unterversorgung an öffentlich zugänglichen Park- und Freizeitflächen in einer Größenordnung von 175.000 m2 oder 17,5 ha.

Die in dieser Studie vorgeschlagenen Handlungsempfehlungen, um neue Flächen zu sichern, waren insbesondere:

– Styria Headquarter gegenüber Messe (Anm. Styria-Park)
– Freiräume (oder Teile) der Messe
– Messevorbereich gestalten und Aufenthaltsqualität erhöhen
– Freiflächen im Zuge der Umstrukturierung des Messeareals sichern

Nunmehr soll auch die letzte im Bezirkszentrum verbliebene Freifläche mit knapp 25.000 m2 oder 2,5 ha – nämlich die Verbauung des Messeparkplatz Fröhlichgasse – mit einer Tiefgarage und einem monumentalen Büro- und Wohnkomplex mit bis zu 10 Geschoßhöhen hochverdichtet verbaut werden. Geht man von der in der Studie festgelegten erforderlichen Freiraumflächen von 6-10 m2 pro Einwohner aus, so müsste im Bezirkszentrum von Jakomini mit der angenommen Flächenausdehnung von 40 ha und einer geschätzten Bewohnerzahl von ca. 2.500 EW zumindest eine 15.000 bis 25.000 m2 große Park- und Freizeitfläche vorgesehen werden. 

Lediglich ein Miniareal von ca. 1.500 m2 im Bereich zum Areal der Monsbergerschule soll als öffentlich zugängliches Grünraumareal gesichert werden. Entsprechend der Ankündigung der neuen Regierungskoalition zu einem Paradigmenwechsel in der Verbauung der Stadt und nachhaltiger Grünraumsicherungsmaßnahmen (Stichwort: „Eine grüne Meile für jeden Bezirk“), ist es jetzt unmittelbar an der Zeit, für das restlich noch freie Areal im Herzen von Jakomini, den Messeparkplatz Fröhlichgasse, sofortige Schritte einzuleiten, um eine komplette Verbauung und Versiegelung des Bezirkszentrum von Jakomini zu verhindern. Da der bis dato bestehende optionale Kaufvertrag mit dem Projektwerberkonsortium erst dann Rechtsgültigkeit erlangt, wenn das UVP-Verfahren positiv abgewickelt wurde, wäre es aus Sicht des Bezirksrates hier noch möglich, eine Kehrtwendung in der Bebauungsplanung für den Messeparkplatz Fröhlichgasse zu vollziehen. Da das Umweltverträglichkeitsprüfverfahren jedoch noch nicht rechtsverbindlich positiv abgeschlossen ist, könnte die Stadt Graz als 80%-Eigentümer der Messe Center Graz Gen.m.b.H nunmehr und unmittelbar einen Projektstopp am Areal des Messeparkplatz Fröhlichgasse verhängen und öffentliches Interesse für die Errichtung einer Park- und Freizeitanlage anmelden. In weiterer Folge soll der Ankauf von ca. 10.000 m2 der insgesamt 25.000 m2 Verbauungsfläche neu verhandelt werden, um diese Fläche dann als Park- und Freizeitfläche im Flächenwidmungsplan umzuwidmen. Jetzt ist der Zeitpunkt für unverzügliches Handeln im Sinne dieser neuen angekündigten Stadtentwicklungsstrategie mit mehr Grün- und Freiraumflächensicherung und weniger Verbauung auch für das Bezirkszentrum von Jakomini gekommen.

Welche Möglichkeiten eine visionäre Ausgestaltung eines Bezirkszentrums haben könnte, liegt ja mittlerweile am Tisch. Der FH Joanneum Studiengang Architektur hat diesbezüglich im Jahre 2021 gemeinsam mit den Studentinnen und Studenten Entwürfe erarbeitet, wie eine solche bezirkszentrale Ausgestaltung von Freizeit- und Aufenthaltsräumlichkeiten aussehen könnte. Dieses Projekt wurde vom seinerzeitigen Bezirksvorsteher Klaus Strobl im Jahre 2020 initiiert und sollte Handlungsalternativen und Maßnahmenvorschläge für die Gestaltung eines bürgerfreundlichen Bezirkszentrums erarbeiten. In weiterer Folge könnte dann in einem Bürgerbeteiligungsprozess eine Neugestaltung dieses Areals zu einem Bezirkszentrumspark – als Ersatz für den verlorengegangen Styria-Park – ausgeschrieben und umgesetzt werden.

Eine Redimensionierung der Verbauung des 25.000 m2 Areals des Messeparkplatz Fröhlichgasse auf den verbleibenden 15.000 m2  Bebauungsfläche bietet nicht nur die Chance einer Redimensionierung des Baukolosses sondern auch der Tiefgarage, die ja sowieso sowohl seitens der Verkehrsplanung als auch Teilen der im Gemeinderat vertretenen Fraktionen als zu überdimensioniert kritisiert wurde. Dies mit dem Argument, dass der Bau dieser Großtiefgarage noch mehr Verkehr in der Conrad-von-Hötzendorf-Straße und der Münzgrabenstraße anziehen und zum endgültigen  Verkehrskollaps im Messequadrant führen würde.

Natürlich besteht auch die Option, dass die Stadt Graz das gesamte Areal des Messeparkplatz Fröhlichgasse erwirbt und neben einem Bezirkszentrumspark, einer redimensionierten Tiefgarage dieses Areal für die Errichtung von Gemeindewohnbauten nutzt, wie dies ja auch in den nächsten Jahren vorrangiges Ziel der neuen Regierungskoalition ist.

Nunmehr ist die Zeit für mutige Entscheidungen gekommen, bevor es wie beim Styria-Park 5 Minuten nach 12 Uhr ist. Dieses Umdenken in der Stadtentwicklung gepaart mit einer Entschlossenheit seitens der neuen Stadtregierung zu raschem Handeln wäre ein Meilenstein für den in den letzten Jahren von der Verbauung so geplagten und mittlerweile entnervten Bevölkerung von Jakomini. Die versprochene grüne Meile für jeden Bezirk soll für Jakomini die Errichtung dieses Bezirkszentrumspark werden.

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