Lokaler Baustopp für Inffeldgründe gefordert

Seit Jahren erweitert die TU Graz den Campus Inffeldgründe mit der Errichtung von immer neuen Institutsgebäuden. Dies jedoch immer nur mittels Bauverfahren zum jeweiligen Einzelobjekt. Derzeit erfolgt die Verbauung einer 9.000 m2 großen ehemaligen Grünanlage mittels eines umfassenden Institutskomplexes im Bereich der Sandgasse. Für den weiteren Ausbau des TU Campus braucht es nun endlich einen Masterplan samt Verkehrskonzept und Grünraumsicherung. 

VORHER - Grünraumareal entlang der Sandgasse
JETZT - Komplette Verbauung des Grünraumareals in der Sandgasse

Durch die sukzessive Verbauung einzelner Teilflächen haben sich zwei zentrale Probleme im Umfeld des TU Graz Campus Inffeldgründe herauskristallisiert:

1. Zunehmend verschärft sich die Verkehrssituation in der engen Sandgasse – durch den Bau einer Tiefgarage des neuen
umfassenden Institutskomplex wird sich der Verkehrsdruck weiter erhöhen. Hier ist in Bezug auf die zukünftige Straßenraumgestaltung
der Sandgasse dringender Handlungsbedarf gegeben.

2. Durch die zunehmende Verbauung von noch vorhandenen Freiraumarealen, gehen der Bevölkerung in den umliegenden
dichtbebauten Wohnsiedlungen sukzessive Bereiche verloren, die diesen (noch!) als Freizeitareale nutzen können.

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die im Besitz der BIG befindlichen Grundstücke zum großen Teil als Kerngebiet (Baudichte
0,8 – 2,0) im Flächenwidmungsplan ausgewiesen sind. Lediglich das Sportareal der Sportmittelschule Bruckner ist als öffentliche Sportanlage ausgewiesen. Auch hier ist ja in den nächsten Jahren eine Verbauung seitens der TU Graz vorgesehen, das aber eine Umwidmung durch den Gemeinderat erforderlich machen würde. Ebenso ist ein Grundstück (wo früher eine Hundeschule angesiedelt war) in der Nähe des Roten Kreuzes östlich des Neufeldwegs als Erholungsgebiet ausgewiesen.

Um dieser stückweisen Verbauung entgegenzuwirken und dieses Entwicklungsgebiet der TU Graz integriert mit dem umliegenden Siedlungsbereich zu betrachten insbesondere, welche Auswirkungen die massiven Ausbauten in Bezug auf Verkehr bzw. Grün- bzw. Freizeitareale hat, wurden seitens des Bezirksrat Jakomini schon mehrere Versuche unternommen, hier von seitens der TU Graz bzw. der BIG Bundesimmobiliengesellschaft eine mittelfristige Gesamtplanung dieses gesamten Entwicklungsareals zu bekommen.

Bezirksvorsteher Klaus Strobl stellte in seinem am 30. August 2021 im Bezirksrat eingebrachten und einstimmig beschlossenen Antrag folgende Forderungen auf, um hier vom Bauinvestor mehr Klarheit und Transparenz in die Bebauungsstrategie der Technischen Universität Graz / BIG Bundesimmobiliengesellschaft zu bekommen:

1. Der Gemeinderat der Stadt Graz soll für dieses gesamte Entwicklungsareal eine Bebauungsplanpflicht beschließen.

2. Bis zur endgültigen Klärung der möglichen geplanten Bebauungsmaßnahmen sollte die Stadt Graz einen lokalen Baustopp für dieses Entwicklungsgebiet beschließen.

3. Es ist mit dem Bauinvestor auszuverhandeln, in welchem Verhältnis zukünftig noch versiegelt werden kann, damit ein bestimmter Teil der Bebauungsflächen als Erholungs- und Freizeitareale – zumindest 10.000 m2 – für die umliegende Bevölkerung gesichert bleiben z.B. die Fußballfläche entlang der Sandgasse, der derzeit als Baustellenplatz verwendet wird oder ein Teil der  Sportanlage entlang der Brucknerstraße.

Darstellung des TU Campus Graz Inffeldgründe im aktuellen Flächenwidmungsplan 4.0
Das gerade entstehende Data House und das Silicon Austria Labs (SAL) Building in der Sandgasse

Es sei an dieser Stelle festgehalten, dass es für die Stadt Graz als Wissenschafts- und Forschungsstandort, sicher besonders wichtig ist, wenn in den Standort Wissenschaft und Forschung investiert wird, da dies sicher einen großen Einfluss auf die (Wirtschafts-) Standortqualität und damit auch auf die Arbeitsplatzsituation dieser Stadt hat.

Ebenso wichtig ist es jedoch hier an bestimmten Entwicklungsstandorten das umliegende Quartier zu betrachten und zu schauen, welche Auswirkungen hohe Standortverdichtungen auf die Lebensqualität der umliegenden Wohnbevölkerung hat. Denn auch die Lebens- und Wohnortqualität muss für eine stetig wachsende Stadt Graz ein hohes Gut bleiben. Gerade mit der Ausrufung von gießkannenartigen Baustopps sollte man in einer Stadt, die ja auch mögliche Entwicklungschancen als Wohn-, Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort in eine Gesamtbetrachtung mit einbeziehen muss, eher vorsichtig umgehen. Sehr wohl aber müssen bestimmte größere Entwicklungsareale genau durchleuchtet werden insbesondere in Bezug auf infrastrukturelle Begleiterfordernisse um negative Entwicklungen auf die Verkehrs-, Stadtklima- oder Freiraumqualität zu verhindern. Denn genau diese Handlungsfelder bedeuten für die Bevölkerung zumeist einen Verlust an Lebensqualität in solchen Stadtentwicklungsquartieren.

Hier fordert ja der Gemeinderat der Stadt Graz (und nicht nur dieser!) eine Anpassung des steiermärkischen Raumordnungs- bzw. Baugesetzes. Es muss eine landesgesetzliche Anpassung der Ausnutzung der minimalen und maximalen Bebauungsdichte von Grundstücken insoweit vorgenommen werden, dass entsprechende Qualitätskriterien in Bezug auf infrastrukturelle Begleiterfordernisse (Versiegelungsgrad, Ausstattung an Freizeit- und Erholungsflächen, Verkehrsentwicklung etc.) festlegen. Davon muss die Zulässigkeit einer minimalen bzw. maximalen Baudichte im Bauverfahren abhängig gemacht werden.

Die Sportanlage der Sportmittelschule in der Brucknerschule im Zuge der Altlastensanierung

Hier ist der Landesgesetzgeber seit Jahren säumig. Es sollte vor allem im steiermärkischen Raumordnungsgesetz endlich die urbanen Ballungsgebiete (insbesondere die Landeshauptstadt Graz) Sonderbestimmungen bekommen, da es einen wesentlichen Unterschied macht, ob eine Verbauung in einem ländlichen oder in einem urbanen Ballungsgebiet wie Graz erfolgt. Hier sind diese unterschiedlichen Kriterien in Bezug auf Verkehrs-, Stadtklima oder Freiraumqualität entsprechend zu berücksichtigen. Es ist mehr als dringend erforderlich, dass diesbezüglich eine Arbeitsgruppe eingesetzt wird, die einen derartigen Kriterienkatalog entwickelt, der dann in die entsprechenden Gesetze einfließen soll.

Abschließend gilt es einen Appell an die Bauinvestoren insbesondere an die Anlegerwohnungsinvestoren zu richten, dass diese im Rahmen ihrer Unternehmenskultur nicht nur ihre eigenen Wertschöpfungspotentiale im Vordergrund sehen sollten, sondern auch ihre Verantwortung für die Wohnumfeldbevölkerung im Quartier ebenso wie insgesamt für die Stadt Graz wahrnehmen. Gerade der Erhalt von Lebensqualität muss auch für Bauinvestoren ein hohes Kulturgut sein aus Verantwortung gegenüber den Menschen, die darin leben.

Artikel in der Woche Graz vom 04. August 2021

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